Nachhaltigkeit – ein schwammiger, dehnbarer und missbrauchter Begriff?
Oft werde ich bei meinen Recherchen mit Herstellern von Produkten rund um`s Bauen und Einrichten konfrontiert, die sich ein Mäntelchen der Nachhaltigkeit umhängen, obwohl dieses äußerst dünn bis gar nicht vorhanden ist. Schwer überprüfbar oder gar des Kaisers neue Kleider – die Konsumenten sollen
das Produkt und die Illusion kaufen, sich und der Welt etwas Gutes zu tun.
Nachhaltigkeit (Sustainability) wurde in Zeiten des Klimawandels und knapp werdender Ressourcen weltweit zum Megatrend. Es ist „gut“, wenn sich etwas rechnet oder fair gehandelt wird. Aber ist das
schon nachhaltig? Oder ist es nachhaltig, wenn Wandfarben mit Nanopartikeln angereichert werden,
die Schadstoffe absorbieren sollen, obwohl sich Berichte zu negativen gesundheitlichen Auswirkungen
der Nano-Technologien häufen? Ist es nachhaltig, wenn ein ökologisch und gesundheitlich problematischer Inhaltsstoff mit einem anderen ersetzt wird, der etwas weniger problematisch ist? Wer bemerkt schon,
dass der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben wird?
Lange Zeit erschien mir der Gebrauch des Wortes „nachhaltig“ ohne weitere Erklärungen beinahe unseriös. Dabei trifft die eigentliche Wortbedeutung „bewahrend“ - nachhalten = (auf)bewahren – wunderbar, was eigentlich gemeint ist.
Wie ich kürzlich in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Wohnung+Gesundheit Nr. 152 las, hat sich das IBN – Institut für Baubiologie + Ökologie Neubeuern nun für das Wort „Nachhaltigkeit“ entschieden und seinen Namen geändert in „Institut für Baubiologie + Nachhaltigkeit“. Das IBN gilt in Deutschland als Vorreiter für ökologisches und gesundes Bauen, aber eben nicht nur. Nachhaltigkeit stehe laut Enquete-Kommission
des Deutschen Bundestages dafür, „dass im Sinne einer selbsterhaltenden Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft neben ökologischen gleichrangig auch ökonomische und soziale Ziele angestrebt werden“ (W+G/152). Im Sinne dieses Drei-Säulen-Modells sei nachhaltiges Handeln schon immer Ziel des IBN und Bestandteil der Baubiologie , die dabei in besonderem Maße auch gesundheitliche Risiken berücksichtigte.
Es würde keinen Sinn machen, auf einen positiven Begriff zu verzichten, nur weil dieser missbraucht wird, das könne schließlich jedem, eigentlich positiv besetzten Begriff passieren. Vielmehr
gehe es darum, den im Kern guten Begriff „Nachhaltigkeit“, der weltweit für eine kraftvolle Bewegung steht, mit seriösen Inhalten zu untermauern und damit zu wirklich zukunftsverträglichen und
damit nachhaltigen Entwicklungen beizutragen.
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